Softwarehersteller aufgepasst: Die neue Produkthaftungsrichtlinie der EU verändert die Spielregeln für Softwarehersteller grundlegend. So wird Software künftig als Produkt im Sinne der Richtlinie angesehen. Wie lassen sich die neuen Anforderungen erfüllen und Haftungsrisiken minimieren? Ein zentraler Baustein ist eine durchdachte und detaillierte Softwaredokumentation. Wir haben für Sie die wesentlichen Punkte zusammengefasst.
Die neuen Haftungsrisiken verstehen
Die neue Richtlinie weitet den Anwendungsbereich der Produkthaftung deutlich aus: Software – ob Stand-alone oder als Bestandteil eines Produkts – gilt nun ausdrücklich als haftungspflichtig. Hersteller müssen für Schäden haften, wenn Software fehlerhaft ist oder Sicherheitsanforderungen nicht erfüllt. Dies betrifft auch „intelligente“ Produkte mit lernfähigen Softwarekomponenten oder solche, die mit anderen digitalen Diensten verbunden sind.
Unternehmen sind zudem verpflichtet, ihre Produkte auch nach dem Verkauf weiterhin durch Sicherheitsupdates fehlerfrei zu halten. Werden die Maßnahmen nicht richtig umgesetzt, können daraus erhebliche Haftungsrisiken entstehen.
Softwaredokumentation als Schutzschild
Eine gute Softwaredokumentation ist in diesem neuen Haftungsrahmen mehr als nur nice-to-have – sie wird zum unverzichtbaren Werkzeug des Risikomanagements. In folgenden Bereichen kann sie entscheidend dazu beitragen, das Haftungsrisiko zu reduzieren:
- Online-Hilfe und Benutzerhandbücher
Gut strukturierte Benutzerhandbücher und Online-Hilfen sorgen dafür, dass Anwender:innen die Software korrekt bedienen können. Eine klare Darstellung von Funktionen und potenziellen Einschränkungen reduziert die Gefahr von Fehlbedienungen, die als Fehler der Software ausgelegt werden könnten. - FAQ-Bereiche und Troubleshooting-Guides
Diese Anwenderhilfen bieten schnellen Zugang zu Antworten auf häufige Fragen und Anleitungen zur Problembehebung. Sie fördern eine sichere Nutzung und minimieren Fehlinterpretationen oder riskante Bedienweisen. - API-Dokumentation
Für Produkte mit Schnittstellen ist eine saubere API-Dokumentation unerlässlich. Sie stellt sicher, dass externe Entwickler die Software korrekt integrieren und verwenden. Dies verringert die Wahrscheinlichkeit von Schäden durch unsachgemäße Implementierungen. - Cybersicherheitsdokumentation
Die Richtlinie definiert mangelnde Cybersicherheit als möglichen Produktfehler. Eine Dokumentation, die Sicherheitsprotokolle, Update-Zyklen und Schutzmaßnahmen detailliert beschreibt, beugt Haftungsansprüchen vor und unterstreicht die Sorgfalt des Herstellers.
Weitere Vorteile einer präzisen Dokumentation
Eine gute Softwaredokumentation hilft nicht nur, Haftungsrisiken zu minimieren, sondern bietet auch entscheidende weitere Vorteile:
- Beweisführung erleichtern: Im Falle von Schadensersatzforderungen liefert die Dokumentation Nachweise dafür, dass die Software ordnungsgemäß konzipiert und mit Updates versehen wurde.
- Vertrauen schaffen: Kunden und Geschäftspartner sehen hochwertige Nutzerinformationen als Zeichen von Professionalität und Sorgfalt.
- Compliance fördern: Die Dokumentation hilft, die Anforderungen nicht nur der Produkthaftungsrichtlinie, sondern auch anderer Regelwerke wie des Cyber Resilience Act (CRA) zu erfüllen.
Ab wann gilt die Produkthaftungsrichtlinie?
Die neue Produkthaftungsrichtlinie (EU) 2024/2853 ist am 8. Dezember 2024 in Kraft getreten und ersetzt damit die bisherige Regelung aus dem Jahr 1985. Die Mitgliedstaaten müssen die Richtlinie innerhalb von 24 Monaten in nationales Recht umsetzen. Sie muss folglich ab Dezember 2026 angewendet werden.
Unser Fazit: Sauber dokumentieren lohnt sich.
Für Softwarehersteller ergeben sich durch die neue Produkthaftungsrichtlinie strengere Anforderungen und neue Aufgaben. Unternehmen können das Haftungsrisiko jedoch erheblich mindern, indem sie eine umfassende Softwaredokumentation bereitstellen. Von der Online-Hilfe über Sicherheitsrichtlinien bis hin zu API-Dokumenten – eine durchdachte Dokumentationsstrategie ist der Schlüssel, um Haftungsansprüche abzuwehren und Vertrauen bei den Nutzer:innen zu schaffen.
Nutzen Sie die Gelegenheit, Ihre Dokumentation jetzt zu überarbeiten und auf den neuesten Stand zu bringen. So sind Sie bestens gerüstet für die Herausforderungen der neuen Richtlinie.