Das beste Produkt (z. B. eine Maschine, eine Anlage oder ein Gerät) ist nutzlos, wenn man nicht weiß, wie man richtig, d. h. zweckbestimmt, damit umgeht. Benutzerinformationen zu einer Anwendung sind dabei wahrlich keine Neuheit. Schon alte ägyptische Quellen belegen die Existenz von Beschreibungen in Form von in Stein gemeißelten Bildern, die sich mit der Ausführung einer Technik befassen, beispielsweise die Darstellung der Arbeitsschritte zum Schmelzen von Metall oder die Abbildung eines Arbeiters in gebückter Haltung vor einer Feuerstelle.
Damals wie heute gilt: Wer für seine Kunden gute Betriebsanleitungen erstellt, schafft den Unterschied zwischen einer positiven und einer negativen Erfahrung der Nutzerin oder des Nutzers und beeinflusst damit auch die Produktwahrnehmung. Das bedeutet, wenn die Anleitung unzureichend ist, fällt diese negative Erfahrung auch auf das Produkt zurück.
Verschiedene Begriffe – ein Ziel
Im Zusammenhang mit Betriebsanleitungen taucht eine Vielzahl von Begriffen auf, die mehr oder weniger sinngleich verwendet werden: Mal heißt es Betriebsanleitung, mal Bedienungsanleitung. Dazu kommt, dass auch Gebrauchsanleitung, Benutzerhandbuch oder auch Benutzerinformationen oft als „Betriebsanleitung“ verstanden werden.
Auch die einschlägigen Normen und Richtlinien fordern teilweise unterschiedliche Bezeichnungen. So steht unter anderem in der EG-Maschinenrichtlinie die Bezeichnung „Betriebsanleitung“, während in der DIN EN 82079-1 „Gebrauchsanleitung“ verwendet wird. Dies kann zu Verwirrungen und Missverständnissen führen.
Im Kern bedeuten diese Bezeichnungen jedoch dasselbe, nämlich:
„eine Information, die dem Benutzer eines Produkts hilft, das Produkt sicher und bestimmungsgemäß zu verwenden, zu bedienen, zu warten und nach dem Gebrauch sicher zu entsorgen“
Es kommt also schlussendlich nicht darauf an, wie die Bezeichnung des Dokuments der Benutzerinformation lautet und ob der Hersteller sein Produkt mit einer Betriebsanleitung, Bedienungsanleitung oder Gebrauchsanleitung ausliefert. Entscheidend ist, dass die Benutzerinformationen den Anforderungen genügen und von den Nutzenden verstanden und sicher umgesetzt werden können.
Wann brauche ich eine Betriebsanleitung?
Aus rechtlicher Sicht hat der Hersteller eines Produkts eine Instruktionspflicht gegenüber dem Kunden, die durch Bereitstellung einer Betriebsanleitung erfüllt werden muss. Das heißt, wenn die Betriebsanleitung fehlt, ist das Produkt unvollständig, und wenn die Betriebsanleitung fehlerhaft ist, ist auch das Produkt fehlerhaft.
Die Betriebsanleitung hat also einen genauso hohen Stellenwert wie das Produkt selbst und muss als ein Teil des Produkts betrachtet werden.
Das Gesetz über die Bereitstellung von Produkten auf dem Markt (Produktsicherheitsgesetz – ProdSG) schreibt im § 3 Abs. 4 vor, dass für bestimmte Produkte eine deutsche Anleitung verpflichtend bereitzustellen ist:
„Sind bei der Verwendung, Ergänzung oder Instandhaltung eines Produkts bestimmte Regeln zu beachten, um den Schutz von Sicherheit und Gesundheit zu gewährleisten, ist bei der Bereitstellung auf dem Markt hierfür eine Gebrauchsanleitung in deutscher Sprache mitzuliefern, sofern in den Rechtsverordnungen nach § 8 keine anderen Regelungen vorgesehen sind.“
Für das Inverkehrbringen von Produkten auf dem europäischen Markt muss die Anleitung in der oder den Amtssprache(n) des EU-Mitgliedstaats beiliegen.
Im Maschinensicherheitsrecht ist die Betriebsanleitung ein Teil der technischen Dokumente gemäß Anhang VII der EG-Maschinenrichtlinie. Die Betriebsanleitung wird im Rahmen des Konformitätsbewertungsverfahrens zur CE-Kennzeichnung nach abgeschlossener Risikobeurteilung erstellt.
Ebenso wie es Anforderungen an die Konstruktion eines Produkts gibt, existieren auch Anforderungen aus Richtlinien, Gesetzen und Normen an die Betriebsanleitung.
Was beinhaltet eine Betriebsanleitung?
Die Betriebsanleitung muss alle nötigen Informationen für die vorgesehenen Nutzenden (Zielgruppe) des Produkts beinhalten, damit diese das Produkt während des gesamten Lebenszyklus sicher, effizient und bestimmungsgemäß verwenden können.
Die Betriebsanleitung muss dabei alle relevanten Sicherheitshinweise nicht nur für den Normalbetrieb, sondern auch für Transport, Aufstellung, Installation, Inbetriebnahme, Demontage etc. enthalten, um auf die Restgefahren des Produkts aufmerksam zu machen und den Umgang damit anzuweisen .
Des Weiteren muss die Betriebsanleitung alle rechtlich (durch z. B. die EG-Maschinenrichtlinie und relevante Normen für die CE-Kennzeichnung) vorgeschriebenen Inhalte aufweisen, wie die bereits erwähnten Sicherheitshinweise als Ergebnis der Risikobeurteilung, aber auch die genaue Beschreibung der bestimmungsgemäßen Verwendung und der absehbaren Fehlgebräuche sowie wichtige Bestandteile, die von der DIN EN 82079-1 und ISO 20607 vorgegeben werden.
DIN EN 82079-1: Eine Arbeitsgrundlage für Technische Redakteure Eine wichtige Orientierung beim Konzipieren, Texten und Gestalten von Betriebsanleitungen ist die Norm DIN EN 82079-1 „Erstellen von Gebrauchsanleitungen“. Die Norm nennt nicht nur allgemeine Prinzipien für Inhalt, Darstellung und Aufbau von Anleitungen. Sie legt auch Mindestanforderungen an Verständlichkeit, Inhalt, Struktur, Gestaltung und Sprache als Stand der Technik fest. |
Die DIN EN ISO 20607: Eine Norm für Betriebsanleitungen für Maschinen Die Norm „Sicherheit von Maschinen – Betriebsanleitung – Allgemeine Gestaltungsgrundsätze“ legt Anforderungen an den Hersteller einer Maschine bei der Gestaltung einer Betriebsanleitung fest. Die Norm ergänzt die in der Maschinenrichtlinie Anhang I und der EN ISO 12100 enthaltenen Anforderungen an Betriebsanleitungen und behandelt den sicherheitsrelevanten Inhalt sowie die entsprechende Struktur und Darstellung der Betriebsanleitung unter Berücksichtigung aller Lebensphasen der Maschine. |
Je nach dem Produkt, für das eine Betriebsanleitung erstellt wird, ist es möglich, dass es rechtliche Vorschriften zum Inhalt, zur Darstellung und zum Format der Betriebsanleitung gibt. Diese Vorschriften können aus nationaler Rechtsprechung in den USA, Richtlinien oder Verordnungen in der EU oder ähnlichen Rechtsvorgaben anderer Länder oder Staaten stammen.
Wie erstelle ich eine Betriebsanleitung?
Neben dem „Wie?“ kann im gleichen Atemzug die Frage „Wer erstellt die Betriebsanleitung?“ gestellt werden. Insbesondere dann, wenn die Erstellung der Betriebsanleitung den Konstrukteur:innen eines Produkts übertragen wird. Sie können diese Aufgabe verständlicherweise als eine notwendige Pflicht, unter Umständen auch als lästig empfinden, da die Umsetzung komplexer Sachverhalte in einfache Handlungsanweisungen im Allgemeinen nicht Teil ihrer Kernkompetenz ist.
Als Minimalziel muss gelten, dass die Betriebsanleitung den rechtlichen Anforderungen genügt. Dies kann am effizientesten gewährleistet werden, wenn eine erfahrene – interne oder externe – Technische Redaktion mit der Aufgabe betraut ist.
Ausgebildete und erfahrene Technische Redakteur:innen sind mit Normen und Richtlinien zur Technischen Dokumentation sowie im Umgang mit den erforderlichen Softwaretools und Redaktionssystemen vertraut.
Die Erstellung der Betriebsanleitung kann entweder intern durch die eigene Dokumentationsabteilung oder durch einen externen Dienstleister erfolgen. Die Entscheidung hierüber richtet sich meist nach der vorhandenen Erfahrung in der Erstellung von Anleitungen sowie nach Faktoren wie der Komplexität des Produkts, der verfügbaren Zeit, den personellen Ressourcen und nicht zuletzt dem verfügbaren Budget.
Der Vorteil der betriebsinternen Erstellung einer Anleitung – entsprechende Kapazitäten vorausgesetzt – liegt vor allem darin, dass das Wissen und die Kompetenzen im Hause gehalten und weiter ausgebaut werden können. Des Weiteren ist man unabhängig von eventuellen Beschränkungen und Engpässen eines externen Dienstleisters.
Vorteile des Outsourcings sind in der Regel Zeitersparnis, höhere Qualität, geklärte Verantwortlichkeiten und ein Imagegewinn beim Kunden. Auch kann der Hersteller durch den Verzicht auf das Vorhalten personeller Kapazitäten und damit den Wegfall fixer Kosten flexibler auf kritische Situationen reagieren und nur für Leistungen bezahlen, die auch beansprucht werden.
Damit die Betriebsanleitung nicht nur den rechtlichen Anforderungen genügt, sondern den Nutzenden auf möglichst einfache und verständliche Art und Weise den sicheren Umgang mit dem Produkt nahebringt, sind (neben der Verwendung der bereits erwähnten Normen DIN EN 82079-1 und EN ISO 20607) folgende Punkte bei der Erstellung einer Betriebsanleitung zu beachten:
- Normenrecherche durchführen (Gibt es spezifische Normen zu dem Produkt?)
- Zielgruppenanalyse durchführen
- Risikobeurteilung auswerten und Sicherheitshinweise erstellen
- Bestimmungsgemäße Verwendung und absehbare Fehlgebräuche zusammenstellen
- Nur Informationen aufführen, die den Nutzenden dabei helfen, ihre Fragen zu beantworten und ggf. Probleme zu beheben
- Informationen so organisieren und strukturieren, dass die Nutzenden bei der Suche nach Inhalten und Lösungen unterstützt werden
- Mögliche auftretende Störungen einschließlich der jeweiligen Abhilfen in Störungstabellen definieren, um Fehler schneller korrigieren zu können
- Notwendige durchzuführende Wartungsarbeiten, die für eine optimale und störungsfreie Verwendung des Produkts erforderlich sind, mit zugehörigen Wartungsintervallen in einem Wartungsplan definieren
- Zum besseren Verständnis aktivische Formulierungen in den Handlungsanweisungen verwenden
- Fachjargon aus Gründen der Verständlichkeit vermeiden
- Aussagekräftige Überschriften zur besseren Navigation verwenden
- Die Verständlichkeit der Anleitung durch einheitliche und eindeutige Bebilderung unterstützen
Die Betriebsanleitung als Chance
Für die Nutzenden besteht der wichtigste Aspekt einer Betriebsanleitung darin, alle Informationen zu erhalten, die sie für die Verwendung eines Produkts benötigen. Vor allem bei komplexen Produkten, deren Funktionsweise sich nicht auf den ersten Blick erschließt, ist es von entscheidender Bedeutung, dass die bereitgestellten Informationen vollständig und zielführend sind, damit das Produkt sicher und bestimmungsgemäß verwendet werden kann.
Für den Hersteller besteht ein entscheidender Punkt darin, dass eine korrekte und vollständige Betriebsanleitung der haftungsrechtlichen Absicherung dient. Des Weiteren gilt allgemein, dass, je verständlicher und detaillierter die Anleitung geschrieben ist, desto weniger Nachfragen an den Produktsupport zu erwarten sind. Außerdem erzeugt eine gute Anleitung Vorfreude auf den Gebrauch des Produkts und bietet dem Hersteller die Chance, einen bleibenden guten Eindruck zu hinterlassen, seine Kompetenz darzustellen und vor allem dem Kunden ein Gefühl von Sicherheit und Zuverlässigkeit zu vermitteln.