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Was muss man bei der Auswahl eines Übersetzungsdienstleisters beachten?

Nicht nur eine Frage des Vertrauens.

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Was muss man bei der Auswahl eines Übersetzungsdienstleisters beachten?

Mein Kollege Mitja Sternkopf aus dem Übersetzungsmanagement betont gerne "Übersetzung hat viel mit Vertrauen zu tun". Das kann ich gut nachvollziehen. In meiner Laufbahn als Technische Redakteurin in der Industrie und für verschiedene Kunden als Dienstleisterin war und ist die Übersetzung unserer Ausgangstexte aus der Technischen Redaktion immer ein wichtiges Thema.

Wenn zum Beispiel Dokumente, Online-Hilfen und GUI-Texte in über 20 Sprachen bereitgestellt werden müssen, davon etwa 10 gleichzeitig, ist dies eine enorme organisatorische Herausforderung und ein großer Kostenfaktor. Die gelieferte Qualität muss passen. Das erfordert im ersten Schritt ein gutes Stück Vertrauen, dass Übersetzungsdienstleister und Übersetzer ihre Sache richtig gemacht haben.

Einen geeigneten Übersetzungsdienstleister zu finden, mit dem man gerne und vor allem langfristig (es muss sich schließlich lohnen) zusammenarbeiten möchte, ist daher eine Aufgabe, der man ausreichend Aufmerksamkeit schenken sollte.

Es scheint auf den ersten Blick allzu reizvoll, die Kosten für Übersetzungen am Wortpreis festzumachen. Ob die Zusammenarbeit effizient funktioniert und sich die Übersetzungskosten in die gewünschte Richtung entwickeln, lässt sich jedoch besser an anderen Merkmalen feststellen. Woran erkennen Sie also, ob ein Übersetzungsdienstleister zu einem zufriedenstellenden Lieferanten werden kann? Damit Sie nicht einfach nur vertrauen müssen, können Sie die richtigen Fragen stellen und feststellen, ob Ihr Übersetzungsdienstleister die richtigen Antworten hat.

Welche Übersetzungsdienstleister kommen überhaupt in Frage?

Eine Zertifizierung nach einschlägigen Standards kann dazu einen ersten Hinweis geben. ISO 17100 ist eine internationale Norm, die Anforderungen an Übersetzungsprozesse und Mindestanforderungen an die Qualifikation der für Übersetzungsaufgaben zuständigen Personen festlegt.
Spielt Informationssicherheit für den Umgang mit vertraulichen Dokumenten eine große Rolle, lohnt es, auch hier nach entsprechenden Standards zu fragen, z. B. TISAX (Trusted Information Security Assessment Exchange).
Für bestimmte Textsorten und Sprachkombinationen kann sich mittlerweile auch maschinelle Übersetzung eignen. Bietet der Übersetzungsdienstleister diese Leistung an, ist die genaue Beratung zur Eignung, zu Grenzen und Möglichkeiten eine Voraussetzung für den erfolgreichen Einsatz dieser Technologie.

Translation Memories

Vorhandene Translation Memories (TMs) beeinflussen die Übersetzungskosten vor allem ähnlicher Texte dramatisch. Ein Übersetzungsdienstleister wird daher nach vorhandenen TMs fragen, schon alleine, um im Vergleich mit einem bestehenden Dienstleister konkurrenzfähig anbieten zu können. Für Sie ist daher auch wichtig, vorab klarzustellen, dass ein (neu angelegtes) TM Ihnen gehört und Sie bei Bedarf darüber verfügen können.

Terminologie und Referenzmaterial

Bereits von Ihnen aufgebaute Terminologie (in Ausgangs- und idealerweise in Zielsprachen) erhöht die Qualität neuer Übersetzungen. Die korrekten Benennungen zu verwenden, sollte kein Zufall sein. Ein Übersetzungsdienstleister fordert Terminologie und Referenzmaterial daher vorab an und bietet an, Terminologielisten zu übersetzen und von Ihnen freigeben zu lassen, bevor das eigentliche Übersetzungsprojekt abgeschlossen wird.

Produktwissen

Ihre Produkte sind komplex, zu übersetzende Dokumente richten sich möglicherweise an speziell ausgebildetes Fachpersonal. Ein neuer Übersetzungsdienstleister sowie neue Übersetzerinnen und Übersetzer müssen sich das erforderliche Verständnis für Ihre Produkte und Zielgruppen erst erarbeiten. Mit festen Projektmanagern und Stammübersetzern auf Seiten des Übersetzungsdienstleisters wird Wissen aufgebaut. Die Bereitschaft, an einer Produktschulung teilzunehmen, signalisiert, dass man gewillt ist, in die langfristige Zusammenarbeit zu investieren.

Redaktions-Know-how

Ein Übersetzungsdienstleister sollte über Redaktions- und Freigabeprozesse Bescheid wissen und gängige in der Redaktion eingesetzte Technologien kennen. Dazu gehören z. B. XML-Redaktionssysteme und die modulare Erstellung von Inhalten. Fragt der Übersetzungsdienstleister daher bei Bedarf nach der DTD, stehen die Chancen gut, dass Sie eine valide XML-Datei wieder zurückbekommen.
Gängige Redaktionsformate, z. B. InDesign, FrameMaker oder Word, sollten natürlich ebenfalls vom Übersetzungsdienstleister beherrschbar sein. Bei solchen Dateiformaten muss das Layout des Dokuments auch nach der Übersetzung noch passen. An die jeweilige Sprache müssen z. B. manuelle Seitenumbrüche und Größe von Textfeldern angepasst werden, damit Sie zum Schluss ein publizierbares Dokument in den Händen halten. Auch Abbildungen und PDFs müssen gelegentlich übersetzt werden. Ein Übersetzungsdienstleister sollte daher eine Ihrem Bedarf entsprechende Expertise im DTP-Bereich (Desktop Publishing) anbieten können.

Qualitätssicherung

Zur Qualitätssicherung werden verschiedene Technologien und Techniken eingesetzt, z. B. die 4-Augen-Prüfung, bei der die Übersetzung von einem zweiten muttersprachlichen Übersetzer geprüft wird. Als Kunde wissen Sie darüber meist nur, was Ihr Übersetzungsdienstleister Ihnen erklärt. Sie können jedoch zunächst eine Probeübersetzung anfordern. Stellen Sie (wenn möglich) vorab Terminologie für die Probe bereit und lassen Sie die gelieferte Qualität der übersetzten Texte z. B. von einer Auslandsniederlassung prüfen. Wichtig dabei: Lassen Sie die Übersetzung immer gegen den Ausgangstext prüfen. In der technischen Übersetzung zählt die Treue zum Originaltext, nicht sinngemäßes Umschreiben.

Kommunikation und Verbesserung

Vor, während und nach dem Übersetzungsprojekt spricht Ihr Übersetzungsdienstleister mit Ihnen, zunächst selbstverständlich hochmotiviert im Erstprojekt, aber genauso bei Folgeprojekten. Wenn das erklärte Ziel ist, Übersetzungskosten zu optimieren, müssen Technische Redaktion und Übersetzungsdienstleister an Prozessverbesserungen und am bestmöglichen Einsatz der verfügbaren Technologien zusammenarbeiten. Die übersetzten GUI-Texte sind viel zu lang? Die Kosten für Folgeübersetzungen wollen trotz übersetzungsgerecht formulierter Texte einfach nicht sinken? Sprechen Sie mit Ihrem Übersetzungsdienstleister darüber – der professionelle Umgang mit Fragen und Reklamationen ist ebenso ein Qualitätsmerkmal für einen Übersetzungsdienstleister wie die Qualität der Übersetzungen selbst.

Fazit

Bei einem vertrauensvollen Verhältnis zu Ihrem Übersetzungsdienstleister gibt es viele Stellschrauben, an denen Sie gemeinsam drehen können, um Verbesserungen an Qualität und Kosten zu bewirken.

Marlene Winkler
Autor:
Blog post Marlene Winkler