In der Fachwelt taucht in den letzten Jahren immer wieder der Begriff "Informationsprodukt" auf. Diesen Begriff haben wir nun auch in unsere Kommunikation übernommen. Ist das einfach nur ein Modewort und ein Hype, dem jetzt alle folgen, oder warum sagt man nicht mehr wie gehabt "Dokument"? Mit diesen Fragen möchte ich mich in diesem Artikel auseinandersetzen.
Die Zeichen der Zeit sind unübersehbar: In allen Bereichen unseres Alltags spielt das gedruckte Dokument eine immer geringere Rolle. Wenn wir uns informieren, machen wir das über digitale Medien, und wenn man genau hinschaut, eigentlich fast immer über das Internet.
Dabei hat sich auch die Nutzung der Informationen verändert. Wir lesen nicht mehr so intensiv. Wir nehmen uns immer seltener die Zeit, uns in der Tiefe zu informieren, sondern geben uns mit kurzen, überblicksartigen Informationen zufrieden. Ich selbst erwische mich regelmäßig dabei, dass ich bei meiner morgendlichen Lektüre der Tageszeitung, natürlich digital auf dem iPad, oft nur noch die Teaser der Artikel lese und die Artikel gar nicht mehr öffne, um sie ganz zu lesen.
Wenn wir eine bestimmte Information benötigen, sind wir es mittlerweile gewohnt, moderne Suchmechanismen zu verwenden. Die Google-Suche, Wikipedia und Siri, Alexa oder Hey Google haben längst den Griff zum Brockhaus ersetzt. Wir informieren uns in aller Regel digital. Die gedruckte Information wird immer öfter zum nostalgischen Luxusgut. Man gönnt es sich, mal ein richtiges Buch zu lesen, weil man das Gefühl mag. Man liest morgens die Zeitung, weil es so gemütlich ist und einen gut in den Tag kommen lässt.
Doch die Steuerberaterin, die eine Fachinformation sucht, um ihren Mandanten gut zu beraten, greift nicht mehr zur Bücherwand, die sie aus nostalgischen Gründen noch in ihrem Büro aufgebaut hat. Sie nutzt ein digitales Fachinformationsportal, das ihr die gewünschten Informationen schneller, aktueller und präziser liefern kann als die 200 kg Papier hinter ihr.
Wenn man das oben Geschilderte Revue passieren lässt, ist glaube ich klar, dass unsere Zielgruppe immer weniger Interesse daran hat, Nutzerinformationen in Form von Brockhausbänden zu bekommen. Das gute alte Dokument ist ein Auslaufmodell. Das mag vielleicht traurig sein, ist aber nun mal der Lauf der Dinge. Die gesetzlichen Anforderungen und Branchenvorgaben werden in den nächsten 10 Jahren zwar dafür sorgen, dass wir weiterhin unser Wissen auf Tonnen von Papier drucken, aber unsere Nutzerinnen und Nutzer werden sich mehr und mehr davon verabschieden.
Damit dieser Umschwung auch in unseren Köpfen stattfindet, finde ich es ganz wunderbar, dass wir dafür ein neues Wort benutzen können: INFORMATIONSPRODUKT.
Dieses Wort drückt eine Menge aus. So dreht sich nicht mehr alles allein um das "Dokument", das ja eine abgeschlossene, zeitlich eingefrorene und in der Regel auf Papier gedruckte Informationsmenge umfasst. Stattdessen halte ich es für deutlich sinnvoller, das Dokument als eine Art von Informationsprodukt zu verstehen, neben dem eine Menge weiterer Arten existieren. Und diese sind in der Regel digital.
Das folgende Beispiel zeigt, wie ein einzelner Informationsbaustein – etwa die Beschreibung eines Ölwechsels – in Form von unterschiedlichen Informationsprodukten aufbereitet und bereitgestellt werden kann. Hier zeigt sich: Die klassische Betriebsanleitung im PDF-Format ist nur eine Möglichkeit, um dies zu tun. Zusätzlich können weitere, rein digitale Informationslösungen eingesetzt werden, die sich unter Umständen besser dazu eignen, die Anwender im richtigen Moment mit der richtigen Information zu versorgen.
Informationsprodukte unterscheiden sich dabei nicht allein in der medialen Form der Darbietung, also ob die Information als Online-Hilfe, Website, E-Book oder Inhalt im Informationsportal publiziert wird, sondern auch hinsichtlich der Menge der zusammengestellten Informationen. Mit anderen Worten: Ein Informationsprodukt kann, was die Informationsmenge und die Informationstiefe betrifft, unterschiedliche Teilmengen einer Gesamtmenge an Informationen zusammenfassen. So können Informationsprodukte auf Nutzergruppen, Situationen und Anwendungsfälle hin ausgerichtet und zusammengestellt sein. Auch muss ein Informationsprodukt nichts Statisches sein. Die Aktualisierung und Erweiterung der in ihm enthaltenen Informationen ist durchaus möglich und von den Nutzenden gewünscht.
Der Begriff des Informationsprodukts ist also deutlich universeller als der des Dokuments und passt daher viel besser in unser digitales Zeitalter.
Machen wir uns nichts vor. Die meisten Technischen Redaktionen weltweit produzieren heute immer noch PDF-Dokumente. Diese werden zwar immer seltener ausgedruckt und können auch auf Tablets und Co. gelesen werden, doch ein PDF ist erst der Anfang und noch lange nicht das Optimum bei der Digitalisierung der Informationswelt. Wir werden also früher oder später nicht umhinkommen, die Nutzer und Nutzerinnen zeitgemäß mit Informationen zu versorgen.
Wenn wir heute Nutzerinformationen konzipieren, sollten wir uns daher viel mehr Gedanken darüber machen, wie die Informationen zu den Nutzenden kommen und wie sie ihnen dargeboten werden. Hier geht es also um die Auswahl des passenden Informationsprodukts bzw. der passenden Informationsprodukte (ja, es werden oft mehrere sein), mit denen die Informationsbedürfnisse der verschiedenen Nutzergruppen optimal erfüllt werden.
Deshalb verwenden wir ab sofort den Begriff "Informationsprodukt" und laden Sie ein, mit uns gemeinsam Strategien zu entwickeln, wie Sie Ihre Nutzerinnen und Nutzer in Zukunft mit hilfreichen Informationen zu Produkten, Software und Dienstleistungen versorgen möchten.