Hoffte jemand seit Beginn des Digitalzeitalters, der Computer würde ihm oder ihr überwiegend die Arbeit abnehmen, gab es in den letzten 40 Jahren wohl größere Momente der Enttäuschung. Mit jeder neuen Entwicklung blitzt wieder etwas Hoffnung auf: "Wir haben nun auch die letzten Papierdokumente abgeschafft und alles nur noch digital vorliegen. Wo ist denn jetzt der große grüne Knopf, den ich nur einmal drücke – und schon ist die Aufgabe erledigt?"
Halb scherzhaft, aber dennoch mit vorsichtigem Optimismus bekommen wir in der IT diese Art Frage häufig gestellt. Automatisierung in der Dokumentationserstellung scheint greifbar zu sein, aber dann irgendwie wieder doch nicht. Viel zu viele Detailfragen.
"Ich habe ein Redaktionssystem und alle Dokubausteine fertig – komplett in XML!" – "Sind die denn auch alle klassifiziert, so dass sie maschinell eindeutig für den Einsatz in einem konkreten Dokumententyp identifiziert werden können?"
"Ich kann mit meinem ERP-System und dessen Produktkonfigurator eine detaillierte Stückliste produzieren. Auch in XML. Das muss doch verheiratet werden können!" – "Sind denn Ihre Dokumente so modularisiert, dass man den Einträgen der Stückliste auch Inhaltsmodule zuordnen kann? Passen die Optionsmerkmale zu den Metadaten, die im Redaktionssystem verwendet werden?"
Die Maschinen in der eigenen Systemlandschaft scheinen zwar vom gleichen Planeten zu stammen, aber sie kommen alle aus unterschiedlichen Ländern: Sie stehen mit etwas Abstand nebeneinander und lächeln sich zwar freundlich, aber doch unverstanden zu: "Dein britisches XML mit schottischem Akzent passt nicht zu meinem norddeutschen in Berliner Mundart."
Es fehlt ein Übersetzer.
Diesen entwickeln wir gerade in Form eines Transformationsframework. Ziel ist keine fertige Software, sondern eine Sammlung von Bibliotheken, die die Übersetzung von Daten unterschiedlichster Herkunft in eine Vielzahl von Dialekten erleichtern soll. Hierbei verwenden wir Standardtechnologien wie z. B. XSL oder Bibliotheken zum Verarbeiten von Office-Dokumentformaten. Zu den Standardkomponenten werden dann je nach Quell- oder Zielsystem projektspezifische Module dazuentwickelt. Ein solches Zusatzmodul wird z. B. benötigt, um den initialen Export aus einem in der Regel sehr individuell konfigurierten ERP-System zu automatisieren.
Aktuell wird mit dem Framework eine Schnittstelle zwischen einem ERP- und einem Redaktionssystem entwickelt. Im ERP-System werden Produkteigenschaften gepflegt, die in Form einer Excel-Arbeitsmappe exportiert werden. Mit Hilfe des Framework wird diese Arbeitsmappe dann in einen standardisierten XML-Datensatz konvertiert. Dessen Einträge wiederum werden in einer Dokumentvorlage aus dem Redaktionssystem verschiedenen Variablen, Tabellen und Listen zugewiesen. Am Ende kann mit dem "großen grünen Knopf" ein Datenblatt aus dem Redaktionssystem erzeugt werden, für das, abgesehen von der einmaligen Vorlagenerstellung, keine redaktionelle Arbeit mehr erforderlich ist.
Für uns bleibt nur noch die etwas größere Aufgabe, sinnbildlich alle Dialekte aller Weltsprachen ineinander zu übersetzen. Heute auf dem Programm: Zemgale Lettisch nach Lahore Urdu. Wo ist denn bitte der große grüne Knopf, der uns die Programmierarbeit abnimmt? ;-)